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Wallgraben Ziegenhain

Denkmalgeschützte Anlage nach drei Jahren wieder gefahrlos zugänglich

SafeLane Global hat den Kleinen und Großen Wallgraben im hessischen Ziegenhain von Kampfmitteln und Schrott befreit, die Böschungen befestigt und den Graben entschlammt. Jetzt ist das beliebte, spätmittelalterliche Gewässer endlich gefahrlos zugänglich – nachdem es seit 2007 wegen regelmäßiger Kampfmittelfunde gesperrt gewesen war.

Der denkmalgeschützte Wallgraben als Teil der historischen Wasserfestung im hessischen Ziegenhain wurde zwischen 1537 und 1546 errichtet.

  Luftbild der ehemaligen Wasserfestung Ziegenhain, Quelle: Wikipedia

Luftbild der ehemaligen Wasserfestung Ziegenhain, Quelle: Wikipedia

Die Kampfmittel- und Abfallräumung hat eine deutlich kürzere, aber dennoch auch schon lange Historie: 2006 gab es erstmals Sondierungsarbeiten, nachdem Angler immer wieder Kampfmittel oder Müll statt Fischen an der Angel hatten. Bei geomagnetischen Untersuchungen im Rahmen einer Entschlammung wurden 2006 insgesamt 289 Einzelanomalien festgestellt – darunter einige Verkippungsstellen.

Mehr als zehn Jahre gesperrt

2007 wurde der etwa 25 m breite und zwei Meter tiefe Wallgraben daher gesperrt – ein wichtiger Teil der Erholungsflächen und ein touristisch beliebtes Ziel blieb den Ziegenhainern und ihren Gästen fortan verwehrt.

Quelle: Sylke Grede, HNA

Quelle: Sylke Grede, HNA

Es folgten im Oktober 2008, im November 2008 und im April 2009 mehrere Sondierungs- und Tauchereinsätze, bei denen verschiedene Bereiche des Wallgrabens untersucht sowie Kampfmittel, Schrott und Beton geborgen wurden.

Eine komplette Räumung war nicht möglich, da sich einige Störpunkte unter Betonteilen befanden.

Die Stichproben belegten die flächenhafte Kampfmittelbelastung und erforderten eine umfassende Räumung. Zu Recht hieß es in der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen: „Viel Zeug im Graben“.

SafeLane gewinnt europaweite Ausschreibung

Nach der Bearbeitung eines weiteren Testfelds 2016 und verschiedenen Gutachten erfolgte die europaweite Ausschreibung. Hier konnte sich die Arbeitsgemeinschaft aus BB Barth und Dynasafe Marine Services (heute beide unter dem Dach von SafeLane Global) durchsetzen.

Der Auftrag: Herstellen der vollständigen Kampfmittelfreiheit bis zu einem Grenzdurchmesser von Kaliber 12,0 für die uneingeschränkte und gefahrlose Nachnutzung durch die Bevölkerung bis 1,5 m unter der Sedimentsoberkante sowie bis zu 1 m oberhalb der Wasseroberfläche im Bereich der Böschung.

Zwei Aufträge mit gemeinsamer Bauleitung

Da der Wallgraben aufgrund der heutigen Ortsdurchfahrt geteilt ist, wurde die Leistung in zwei Aufträge (kleiner und großer Wallgraben) geteilt.

SafeLane Global hat beide Aufträge mit gemeinsamer Bauleitung betreut.

Bodenverhältnisse verzögerten die Arbeiten

Nach umfangreichen Vorbereitungen starteten die eigentlichen Räumarbeiten im März 2017. Schnell wurde dabei deutlich, dass die Bodenverhältnisse nicht dem des Testfelds entsprachen.

Nach Bestimmung der tatsächlichen Bodenverhältnisse durch eine unabhängige Analyse wurde die Technologie auf die neuen Bodenbedingungen umgestellt.

Unterm Strich führte dies dazu, dass die beiden Projekte mehr Zeit in Anspruch nahmen – und damit auch ein längerer Einsatz von Baustelleneinrichtung und Arbeitstechnik erforderlich war.

Umfangreiche Sicherheitsvorrichtungen

Eingesetzt wurde für jeden Auftrag eine Pontoneinheit mit je einem umgerüsteten Bagger (Panzerglas, Unterbodenschutz und GPS). Auch an Land wurde mit Bagger, Radlader und Kleintechnik umfangreiche Technik für beide Projekte genutzt.

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Zum Schutz der Bevölkerung und der umliegenden Gebäude wurden die Pontons mit einem Splitterschutz aus 12 mm dicken Stahlplatten versehen. In Gebäude- und/oder Straßennähe wurden – je nach Gegebenheiten - zusätzliche Sicherungsmaßnahmen ergriffen: sandgefüllte Big Bags in Gitterboxen, übereinander gestellte Seecontainer sowie gegebenenfalls im Boden verankerte Splitterschutzwände.

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Sämtliche Sicherheitsmaßnahmen mussten mobil sein, um mit dem Räumfortschritt mitwandern zu können. Das hieß: schneller Auf- und Abbau ohne Verschmutzung.

Begleitender Tauchereinsatz

Begleitet wurden die Projekte von einer Tauchergruppe, die je nach Bedarf zum Einsatz kam. Der Boden wurde mit eigens für dieses Projekt entwickelten Spülschaufeln und Sieblöffeln mit Schlauchsystem für die Wasserversorgung ausgehoben. Die Sedimente verblieben vor Ort, die festgestellten Störkörper wurden freigespült.

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Während der Baggerarbeiten mussten sich die Mitarbeiter mit Ausnahme des Maschinisten hinter Splitterschutzwände begeben. Dann wurden die Spülarbeiten unterbrochen, um eine sichere Begutachtung der Störkörper durch eine fachtechnische Aufsichtsperson zu ermöglichen.

Handelte es sich um ein Kampfmittel, wurde es, je nach Zustand, für den Abtransport oder die Sprengung vor Ort vorbereitet.

Über GPS konnte der Maschinist auch ohne Sicht jederzeit genau verfolgen, ob er die vereinbarte Solltiefe erreicht hat. Die Daten wurden darüber hinaus kontinuierlich an die GEO Group zur Auswertung und Kontrolle weitergegeben.

Kampfmittelkonzentration vor ehemaliger Kommandantur

Eine außergewöhnliche Konzentration von Kampfmitteln fand sich vor dem Gebäude, das die Alliierten zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Kommandantur bezogen hatten. Hier fand unser Team neben Blutproben und einer Gewehrgranate teilweise noch verpackte Handgranaten, die vermutlich im Wasser entsorgt wurden.

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Aufgrund stark korrodierter Sicherungseinrichtungen mussten diese Kampfmittel vor Ort gesprengt werden.

Die Böschungen wurden über Wasser für die Sondierung zunächst unter Aufsicht eines fachtechnischen Mitarbeiters freigeschnitten. Erst danach erfolgten die Untersuchung und Beräumung. Im Wasserbereich kamen hierfür Taucher zum Einsatz.

Abschließend wurde die Böschung im Kleinen und Großen Wallgraben mit insgesamt rund 2000 t Steinen wieder befestigt.

Weitere Anforderungen:

  • Erhaltung des Ökosystems: In den Jahren seit der Sperrung des Wallgrabens hatte sich ein eigenes Ökosystem entwickelt. Eine Auflage war es deshalb, den Sauerstoffgehalt durch Belüftung während der Arbeiten konstant zu halten, um die Wasserqualität und damit die Fisch- und Muschelbestände zu bewahren.

    Für die Arbeiten wurde eine Fischsperre eingerichtet. Besonders geschützte Pflanzen wurden für die Bergung entfernt und nach Abschluss der Arbeiten wieder eingesetzt.

  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Durch die Lage, die Historie sowie durch die geborgenen Kampfmittel, (Tier)Knochen, antiken Gegenstände sowie dem Müll mussten immer wieder Ämter, Polizei, Archäologen hinzugezogen werden.  Dank reibungsloser Zusammenarbeit mit der Projektleitung konnten die Arbeiten dennoch effizient voranschreiten und das Leben in der Stadt mit geringen Einschränkungen weitergehen.

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  • Verhinderung von Ausbrüchen aus der JVA: Zusätzliche Sicherheitsauflagen kamen aus der angrenzenden Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt.  Alle beteiligten Mitarbeiter mussten der JVA namentlich gemeldet werden. In bestimmten Bereichen wurden die Zellenfenster durch eine Holzplatte zusätzlich gesichert. Die eingesetzten Container (als Splitterschutz für höhere Gebäude) wurden mit Natodraht gegen Ausbruchsversuche gesichert.

Darüber hinaus musste die Feuerwehrzufahrt zur Haftanstalt durchgängig freigehalten werden.

Munitionsentsorgung und Qualitätskontrolle

Sämtliche geborgenen Kampfmittel wurden an den Kampfmittelräumdienst des Landes Hessen übergeben und entweder abtransportiert oder vor Ort gesprengt.

Den Abschluss der Grundberäumung bildete eine Qualitätskontrolle mit Hilfe eines Vertikaldifferenzmagnetometers (MXPDA). Nach Auswertung dieser Kontrolle wurden einzelne Bereiche nochmals bearbeitet und abschließend mit einer Tiefensonde freigemessen.

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(Kleiner Wallgraben nach Wiedereröffnung, Quelle: Anne Quehl, HNA)

Gute Zusammenarbeit mit den Behörden

Angesichts der Komplexität der Aufgabenstellung hätte es viele Stolpersteine geben können. Doch die enge und gute Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber, Ingenieurbüro und den Behörden sorgte für einen regelmäßigen und reibungslosen Austausch, schnelle Klärung auftauchender Fragen und am Ende für einen sehr zufriedenen Auftraggeber.

Positiv reagierte auch die Bevölkerung: Die Vorfreude darauf, den Kleinen und Großen Wallgraben wieder uneingeschränkt nutzen zu können, ließ sie die zweitweise erforderlichen Einschränkungen von Verkehrswegen, Sperrungen sowie immer wieder umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen geduldig hinnehmen.

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  • Projektkennzahlen Kleiner und Großer Wallgraben
    • Auftraggeber: Landesbetrieb Bau und Immobilie Hessen
    • Räumfläche: 42.000 m² sowie 2.500 m² Uferböschung und Wege
    • Bewegter Boden: 63.000 m³
    • Zeitraum: 2016-2020
    • Geborgene Munitionsarten: Kleinmunition, Waffenteile, Panzerfausttöpfe, Handgranaten, Sprenggranaten, Bazooka, Gewehrgranaten, Panzerminen
    • Geborgene Munitionsmenge: ca. 1.000 kg
    • Geborgener Schrott/Abfall: 350 t, nach Abfallarten getrennt
    • Uferbefestigung: 2000 t Steine
  • Teamstärke: 12
    • 2 Projektleiter (Technik / Munitionsentsorgung)
    • 1 Geophysiker
    • 2 Fachtechnische Aufsichtsperson §20
    • 4 Maschinisten/Baggerfahrer auf den Pontons, je 1 Maschinist/Bootsführer als Helfer
    • 3 Maschinisten/Helfer für Landbagger und Radlader
    • nach Bedarf zusätzlich Tauchergruppe mit 1 Fachtechnischen Aufsichtsperson, 1 Sondiertaucher, 1 Signalmann)
  • Eingesetzte Technik:
    • 2 Pontoneinheiten für Baggerung
    • 2 Arbeitsboote
    • 3 Bagger
    • 1 Radlader
    • 2 Pontons für Abfall- und Steintransporte
    • 10 Wasserbelüftungspilze
    • 500 m Stromkabel für Stromversorgung der Anlagen
    • diverse Transporttechnik (LKW, Kleintransporter)
    • 8 Container (Personal, Sanitär, Büro, Werkstatt)
    • Bootgestütztes Fünf-Kanal-Sondiersystem
  • Herausforderungen:
    • Identifikation und Begutachtung von Kampfmitteln erst nach Bergung und Spülung möglich
    • Starke Verschlammung und Verschmutzung, massiver Pflanzenwuchs
    • Stark korrodierte, häufig nicht mehr transportfähige Kampfmittel
    • Unmittelbare Nähe zu bewohnten Gebäuden
    • Hohe Sicherheitsauflagen durch benachbarte JVA
    • Sensibles Ökosystem
  • Leistungen:
    • Sondierung, Identifikation und Bergung von Kampfmitteln
    • Räumung von Abfall
    • Wiederherstellung der Uferbefestigung

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